Nachdem die Mitglieder der AfB-Mittelfranken unermüdlich die Welt retten wollen, zumindest deren Bildungs-System, war es endlich an einem sehr warmen Freitagnach-mittag im April so weit: Fünf GenossInnnen fanden den weiten Weg von Nürnberg-Fürth an die Peripherie der Stadt Lauf, um in der Beethovenstraße die vor zwei Jahren neu gebaute Fachoberschule der Montessori-Vereinigung Lauf zu besuchen.
Nach einem halbstündigen Rundgang durch die vier hellen geräumigen Klassenzimmer, die für jeweils ca. 20 Schüler Platz bieten, erhielten die GenossInnen eine Einführung in die Geschichte dieser FOS-Gründung und die Grundprinzipien der Reform-Pädagogik von Maria Montessori.
Die private Montessori-FOS Lauf, das Kürzel lautet „Monte FOS“, bietet drei Fachrichtungen an: Sozialwesen, Wirtschaft und Verwaltung, Gestaltung. Bei voller Auslastung kann sie ca. 80 Schüler aufnehmen. Die FOS war sechs Jahre lang staatlich genehmigt und hat im Sommer des Schuljahres 2013/14 die staatliche Anerkennung erhalten, wodurch die Schüler den normalen Regularien des zentralen bayerischen Fachabiturs unterworfen sind und nur noch in vier Fächern die Abiturprüfung ablegen: Deutsch, Mathe, Englisch und im jeweiligen Profilfach der entsprechenden Ausrichtung. Das Kollegium umfasst 18 Lehrkräfte, die meisten von ihnen unterrichten noch an anderen Schulen und sind keine speziell ausgebildeten Montessori-Lehrer, da es für die Oberstufen-Schüler kein zertifiziertes Montessori-Konzept gibt und die 11. und 12. Klassen ohnehin strikt den staatlichen Lehrplan erfüllen müssen. Während die 11. Klassen im Wechsel jeweils mehrere Wochen in gleichen Fach-Praktika und Unterricht erhalten, haben die 12. Klassen Vollzeit-Unterricht, in der Regel von 8.00 – 16.15 Uhr.
Was sind nun die spezifischen Montessori-Prinzipien dieser Monte-FOS?
1) Durch die kleinen Klassen, in der Regeln nicht mehr als 20 Schüler, ist eine höhere Authentizität des Lehrens und Lernens vorhanden. Vielfach duzen sich auch Lehrer und Schüler.
2) Die Kern-Forderung Maria Montessoris an den pädagogischen Prozess „Hilf mir, es selbst zu tun“ findet seine Realisierung in der für die vier Hauptfächer angebotenen Intensivierung, wo die leistungsschwächeren Schüler eine besondere Förderung erhalten sowie in der pro Woche vierstündigen Studierzeit, in der die Schüler eigenständig die Fachinhalte vertiefen, die sie persönlich für relevant erachten. Beide Angebote zielen darauf ab, dass die Schüler vor dem Eintritt in die Fachhochschule ihr eigenes Lern-Tempo herausfinden und einüben können.
3) Da es für Maria Montessori wegweisend war, dass Lehrer und Schüler im Leben eine persönliche Grundhaltung gewinnen, wird ein hohes Maß an Identifikation mit der Schule und ihren zentralen Prinzipien angestrebt: Mindestens eine monatliche Teamsitzung für das pädagogische Personal, regelmäßige Coaching-Gespräche mit den Schülern über deren Verhalten und Leistungen, gemeinsame Eltern-Abend mit Lehrern, Eltern und Schülern, 60 Stunden verbindliche Arbeitszeit in den zwei Schuljahren für die Schule durch Eltern und Schülern in Form von Dienst- oder Sachleistungen bei Festen, Tagen der offenen Tür, Projekten, Aktivitäten.
4) Nachdem Maria Montessori sicher von dem Motto Ellen Keys geprägt war, die das 20. Millennium einmal das „Jahrhundert des Kindes“ genannt hat, ist ein weiteres pädagogisch-psychologisches Ziel das nachhaltige und ganzheitliche Lernen der Jugendlichen, weil sich der junge Mensch als Teil des Kosmos, des Universums sehen und dadurch soziale, politische und kulturelle Verantwortung übernehmen soll. Projekt-Tage zur EU, zum Rechtsextremismus, zur gesunden Ernährung und Müllvermeidung, zur Zivilgesellschaft und Friedenserziehung deuten in diese Richtung, ohne allerdings die wichtige Orientierung, ein erfreuliches Fachabitur zu erreichen, zurückzustellen.
Die anregte Diskussion sowie die freundliche Bewirtung trugen nicht unerheblich dazu bei, dass die fünf AFB-Steiter höchst verwundert schienen, dass der zweistündige Besuch dieser pädagogischen Nische wie im Flug vergangen war und sie wieder ein kleines Stück einer bis dato unbekannten Bildungs-Landschaft erkundet hatten.
Text: Hartmut Castner
Bild: Mitglieder der AfB-Mittelfranken, v.l.n.r.: Henriette Bauer, Hartmut Castner, Ditmar Schmidt, Georg Fleischmann.